Interview mit Alfred Kohlenberg
Was war Ihr spannendster oder verrücktester Tag bei der Koelnmesse?
In Erinnerung ist mir besonders ein Ereignis geblieben, das schon viele Jahre zurückliegt. Es war ein Termin im Vorfeld der Fachmesse Anuga FoodTec (AFT), die wir erstmalig 1996 durchgeführt haben. Gut zwei Jahre davor, ich war Projektmanager, hatte sich Vorstandsbesuch der Firma Tetra Pak aus Schweden angesagt. Die Herren wollten sich das Messegelände ansehen und eruieren, ob sie als Aussteller die AFT besuchen würden. Am Termin teilnehmen sollten von der Koelnmesse der Geschäftsführer, der zuständige Hauptabteilungsleiter und ich. Am Vorabend musste der Geschäftsführer wegen eines anderen dringenden Termins absagen. Am nächsten Morgen meldete sich der Hauptabteilungsleiter krank. Seitens der Messe stand ich nun allein da. Ich war sehr angespannt wegen der hohen Verantwortung, ließ mir das aber nicht anmerken. Unterstützung erhielt ich vom Geschäftsführer der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft, der ebenfalls am Termin teilnahm. Die DLG war unser fachlicher Partner bei dem Thema. In bestem Englisch habe ich die Gäste den ganzen Tag betreut.
Wie lief der Tag genau ab?
Wir haben zuerst einen Rundgang über das Messegelände gemacht. Anschließend durfte ich den Kreis zu weiteren Gesprächen und zum Mittagessen ins Hyatt Hotel einladen. Es war eine entspannte Atmosphäre, das Miteinander war geprägt von gegenseitigem Verständnis. Die Herren waren beeindruckt vom Messegelände, der optimalen Anbindung an die Autobahn und auch von der perfekten Infrastruktur der Hallen. Während des Essens blickten die Schweden immer wieder über den Rhein Richtung Dom. Der großartige Blick entlang der Hohenzollernbrücke faszinierte sie. Im Laufe des Gesprächs konnte ich viel Informatives über die Stadt erzählen. In der Kölner Stadtgeschichte kenne ich mich ein bisschen aus, und auch zum Thema Karneval kann ich viel erzählen. Die Gäste lauschten interessiert den Schilderungen und ließen sich begeistern. Am Ende des Tages konnte ich Sie im Sinne der Koelnmesse für die Anuga FoodTec einnehmen. Der Vorstand sagte zu, sich an der Veranstaltung mit einer riesigen Fläche zu beteiligen. Sie wollten zudem mehrere tausend Fachbesuchende auf eigene Kosten einladen. Ihre Ankündigungen setzten sie später tatsächlich in die Tat um. Dieser Tag ist mir bis heute in Erinnerung geblieben. Das war ein perfekter Start für eine positive Geschäftsbeziehung zur Firma Tetra Pak, unserem damaligen Key-Account.
Gab es weitere besondere Begegnungen für Sie bei der Koelnmesse?
Eine sehr spannende Begegnung hatte ich im Rahmen einer Anuga. Ich war damals Pressereferent, und zu meinen Aufgaben gehörte es, Pressekonferenzen zu organisieren. Während einer solchen Firmen-Pressekonferenz hatte ich das Glück, Michael Schumacher kennenzulernen. Der Formel-1-Rennfahrer war von einem großen Getränkehersteller im Rahmen der Anuga zu einer Pressekonferenz eingeladen worden, und meine Aufgabe war es, ihn bei diesem Termin zu begleiten. Ich habe ihn vor der Halle am Auto abgeholt und zum Stand des Ausstellers begleitet, wo die Pressekonferenz stattfand. Ich kannte ihn bislang nur aus den Medien. Er war sympathisch, zurückhaltend und ein eher schmächtiger junger Mann. Ich habe mich entspannt mit ihm unterhalten können. Er war dankbar für meine Hinweise und Tipps, die ich ihm als Pressemann mit auf den Weg geben konnte.
Gibt es ein lustiges Erlebnis, das Sie mit der Koelnmesse verbinden?
Das war mit im Rahmen der Briefmarkenmesse Philatelia mit T’Card, einer großen Publikumsveranstaltung. Vor vielen Jahren war es notwendig, sich mit Telefonkarten zu versorgen, um von öffentlichen Telefonzellen aus, Gespräche zu führen. Im Laufe der Zeit wurden die Karten mit den unterschiedlichsten Motiven zu begehrten Sammlerobjekten. Eine große Vielfalt davon wurde auf der der Messe gezeigt. Im Rahmen dieser Veranstaltung gab es gemeinsam mit dem betreuenden Verband am Abend eine Schiffstour auf dem Rhein. Dazu waren Aussteller und Medien eingeladen. Das Schiff nahm Kurs entlang der Kölner Altstadt. Vor dem Abendessen hielt der Geschäftsführer eine Ansprache und sagte, dass die Philatelia mit T’Card ein Feuerwerk an Ideen biete. Genau in diesem Moment wurde am Deutzer Ufer ein Feuerwerk gezündet, dass die Veranstalter der Deutzer Kirmes in Auftrag gegeben hatten. Die Teilnehmenden der Veranstaltung, insbesondere die Verbandsgeschäftsführer, waren begeistert und glaubten, dass wir das Feuerwerk eigens für die Schiffstour bestellt hätten. Die Stimmung an Bord war prächtig, zumal es ein lauer Sommerabend war. Wir haben die Gesellschaft erst zu einem späteren Zeitpunkt „aufgeklärt“.
Was war Ihre Lieblingsmesse und warum?
Die Anuga FoodTec (AFT) bleibt meine Lieblingsveranstaltung, weil ich maßgeblich dazu beitragen durfte, sie von Beginn an zu entwickeln. Das war in den Jahren 1993 bis 1996; die Premiere fand 1996 statt. Ich kann mich noch erinnern, dass mich der damalige Geschäftsführer in sein Büro bat und mir eine Visitenkarte zeigte. Auf dieser stand der Name des damaligen Geschäftsführers der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG). Er empfahl mir, mich mit der DLG in Verbindung zu setzen, um zu erörtern, inwieweit eine Kooperation beider Häuser möglich sei. Ziel war es, eine branchenübergreifende Messe zum Thema Lebensmitteltechnologie zu organisieren. Das war der Startschuss für eine intensive Zusammenarbeit. Die AFT ist auch heute noch einzigartig, da sie alle technischen Bereiche der Lebensmittelproduktion, einschließlich Getränken, abdeckt: Das geht von der Verarbeitung über das Verpacken und Kühlen und reicht hin bis zum Transport — der gesamte Prozess ist abgebildet. Dieses Thema fasziniert mich immer noch. Für mich war es eine lehrreiche Erfahrung, eine Veranstaltung von Beginn bis zur Durchführung komplett zu bearbeiten, also von der ersten Idee, über jedes Detail, bis hin zur Eröffnung der Veranstaltung.
Hatten Sie besonders positive zwischenmenschliche Begegnungen bei der Arbeit?
Das Miteinander war schon ganz besonders! Über all die Jahre habe ich viele nette Kolleginnen und Kollegen kennen und schätzen gelernt. Das gilt für die unterschiedlichsten Bereiche. Auch durch meine Betriebsratstätigkeit pflegte ich intensiven Kontakt innerhalb der Belegschaft. Mit einigen Beschäftigten treffe ich mich noch heute. Durch meine langjährige Tätigkeit habe ich auch außerhalb der Messe etliche positive Kontakte knüpfen können. Im Zusammenhang mit der AFT ist mir der damalige Projektleiter der DLG in Erinnerung geblieben. Wir haben hunderte Stunden zusammengesessen und diskutiert, was für das Veranstaltungsthema wichtig sein könnte. Wir besuchten viele Firmen gemeinsam und präsentierten dort. Zudem waren wir auf Wettbewerbsveranstaltungen im In- und Ausland unterwegs. Da hat sich über die Jahre hinweg ein freundschaftliches Verhältnis entwickelt.
Erinnern Sie sich an prägende technische Veränderungen innerhalb des Unternehmens?
Zu Beginn meiner Zeit als Projektmanager wurden die Platzierungen der Aussteller in den Messehallen noch von Hand in riesige Pläne eingezeichnet. Wir arbeiteten mit Bleistift und einem Maßstabslineal. Das war aufwendig und nahm viel Zeit in Anspruch. Wenn sich Platzierungen änderten oder die Veranstaltung wuchs, musste vieles neu gezeichnet werden. Der Wechsel auf das PC-gesteuerte CAD-System war nicht einfach, brachte aber fortan eine große Erleichterung.
Welcher Ort auf dem Messegelände ist für Sie etwas ganz Besonderes?
Der Messeturm ist für mich ein spezieller Ort. Direkt am Rhein gelegen, ermöglicht er grandiose Rundblicke über das Messegelände und die Stadt. Es gab dort oben ein Restaurant mit eben diesem tollen Ausblick, bis ins Bergische Land hinein. Aufgrund meiner Tätigkeit als Pressereferent und später als Projektmanager hatte ich hin und wieder Gelegenheit, mich dort oben mit Verbänden und Medien zum Essen zu verabreden. Das war beeindruckend, wenn man sich bei schönem Wetter dort oben traf und den Blick in den Rheinpark genießen konnte. Ich hoffe, dass der Messeturm irgendwann wieder aktiviert wird und vielleicht ein neues Restaurant einzieht, das der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung steht.
Was wünschen Sie der Koelnmesse für die Zukunft?
Durch meine zehnjährige Mitarbeit im Aufsichtsrat habe ich viele Themen verfolgen können und drücke der Geschäftsführung und den Kolleginnen und Kollegen die Daumen, dass sich das Ganze weiterhin positiv entwickeln wird und das Unternehmen aus dem Tal, das durch Corona und dem Ukrainekrieg entstanden ist, wieder schnell herauskommt. Die Voraussetzungen dafür sind da, der Trend zeigt nach oben. Und vor allem: herzlichen Glückwunsch zu „100 Jahre Koelnmesse“!